Die Straßenbahn im ehemaligen Kreis Aachen war ein Straßenbahnnetz, dass die Stadt Aachen mit den Nachbarstädten und den Ländern Niederlande und Belgien verband. Im September 1974 wurde der Straßenbahnbetrieb aufgrund seiner Unwirtschaftlichkeit eingestellt
Geschichte[]
Pferdebahn und Natronlokomotive[]
Bereits 1873 und 1874 bemühten sich der belgische Unternehmer van der Velde und die Banque de Bruxelles um eine Genehmigung zum Bau und Betrieb einer Straßenbahn in Aachen. Nach längeren Vorplanungen zog sich die belgische Bank aber 1877 von dem Projekt zurück, mit der Begründung, dass eine Pferdebahn in Aachen aufgrund starker Steigungen in der Stadt unmöglich sei. Gleichzeitig schlug man den Einsatz einer Dampfstraßenbahn vor. Dabei sollten Dampfspeicherloks eingesetzt werden, um die Belästigung durch Rauch und Ruß zu vermeiden. Auch dieses Vorhaben zerschlug sich, der Aachener Stadtrat suchte anderweitig nach möglichen Unternehmern.
Am 13. April 1880 schließlich konnte der Stadtrat endlich Verhandlungen mit dem Berliner Unternehmer Carl Liman erfolgreich abschließen, worauf hin am 4. September jenes Jahres durch den Aachener Polizeipräsidenten die erforderliche Konzession erteilt wurde. Betreiber war die Aachener und Burtscheider Pferdeeisenbahn-Gesellschaft, die am 25. September 1880 gegründet wurde. Der aufwändige zweispännige Betrieb verursachte der Pferdebahn wirtschaftliche Probleme. Auch war die Nachfrage nicht auf allen Strecken zufriedenstellend. Daher wurden bereits 1883 einzelne kurze Stichstrecken nach wenigen Jahren Betrieb wieder eingestellt, man versuchte, Alternativen zu schaffen. Zum einen setzte man in den Jahren 1884 und 1885 probeweise eine Natronbahn zwischen der Teilstrecke Normaluhr und Cölnthor (heute: Hansemannplatz) ein, stellte diese Versuche aber bald wieder ein und führte den Pferdebahnbetrieb fort, zum anderen plante man ab 1892 eine Elektrifizierung der Strecken. Entsprechend der geplanten Änderung der Antriebsart und der neuen Konzessionsbasis benannte sich die Aachener und Burtscheider Pferdeeisenbahn-Gesellschaft am 6. April 1894 in Aachener Kleinbahn-Gesellschaft (AKG) um. Die AKG erhielt am 8. November desselben Jahres die Genehmigung für den Bau und den Betrieb von elektrischen Straßenbahn- und Kleinbahnlinien in Aachen und Umgebung. Bereits vor Erteilung der formellen Genehmigung erhielt die AKG eine Sondererlaubnis, um unverzüglich mit dem Umbau der Pferdebahn beginnen zu können. Die letzte Pferdebahnstrecke wurde im Herbst 1895 eingestellt, alle bisher geführten Bahnstrecken wurden elektrifiziert und von Normalspur (1435 mm) auf Meterspur (1000 mm) umgespurt.
elektrische Straßenbahn[]
Ab 1896 wurden nach Verhandlungen mit dem Kreis Aachen weitere Straßenbahnstrecken eröffnet, die außerhalb von Aachen liegen. Somit wurden die bisher auf Aachener Stadtgebiet betriebenen Strecken auf die Städte Eschweiler, Eilendorf, Würselen, Walheim und weiteren umliegenden Gemeinden sowie den ehemaligen Kreis Eupen, der heute auf belgischem Staatsgebiet liegt, erweitert. Neben der Personenbeförderung wurde auch ein Gütertransport eingeführt. Im Nordwesten des Landkreises sah die AKG zunächst aufgrund der parallel laufenden Bahnstrecke Aachen–Mönchengladbach keine Perspektiven für neue Strecken. Die Landkreisgemeinden schlossen daraufhin mit der Berliner Firma Gieldzinski einen Vertrag über die Lieferung von Strom ab. Am 21. März 1900 wurde die Rheinischen Elektricitäts- und Kleinbahnen AG (REKA) gegründet, die die Firma Gieldzinski übernahm und mit Planung und Bau von zusätzlichen Kleinbahnlinien begann. 1902 wurde der erste Abschnitt vom Ponttor bis Kohlscheid in Betrieb genommen, im selben Jahr folgte noch die Verlängerung bis Herzogenrath. Die REKA erhielt allerdings nur eine Konzession für den Kreis. Um auf Aachener Stadtgebiet zu fahren, pachtete sie die von der AKG erbaute Anschlusstrecke zum Ponttor. Da die Staatsbahn eine Kreuzung der Gleise des dort liegenden Bahnhofs Templerbend nicht erlaubt hatte, gab es zunächst keine Gleisverbindung zum AKG-Netz. Erst 1912, nach Stilllegung des Bahnhofs und Inbetriebnahme der neuen Streckenführung der Eisenbahn über den Westbahnhof, konnten die REKA-Züge bis in die Aachener Innenstadt fahren. Ihr Depot erbaute die REKA in Kohlscheid.
Auch die REKA richtete auf ihrem Netz Güterverkehr ein. Mit speziellen Triebwagen beförderte sie beladene Kohlenhunte von der Grube Voccart zur Kohlenwäsche und Verladung auf der Grube Laurweg. Der Streckenabschnitt zwischen Kohlscheid und Pannesheide wurde dafür zweigleisig ausgebaut. 1912 endete dieser Verkehr allerdings wieder, nachdem der unterirdische Verbund zwischen den Gruben hergestellt worden war. Es wurde allerdings weiterhin Hausbrandkohle von Laurweg nach Aachen befördert. In den ersten Betriebsjahren gab es auf dem Abschnitt zwischen Kerkrade und Herzogenrath mehrmals Unfälle aufgrund versagender Bremsen, teilweise mit tödlichen Folgen. Daraufhin wurden Geschwindigkeitsbeschränkungen und Zwangshaltestellen eingeführt. Eine Besonderheit der REKA-Strecke war zudem ihre Führung über die Neustraße/Nieuwstraat, die bis heute auf ca. zwei Kilometern die Grenze zu den Niederlanden darstellt. Damit wurden die Kleinbahnwagen auf ihrer Fahrt zweimal der Zollrevision unterzogen. Auch die weiteren Planungen der REKA zielten auf die Niederlande. Bereits unter Federführung der AKG schloss man 1909 einen Vertrag zur Errichtung einer Linie von Horbach nach Heerlen ab, aufgrund diverser Verzögerungen wurden diese Pläne allerdings 1910 zunächst wieder zurückgestellt. Als Ersatz wurde im Januar 1914 eine Buslinie zwischen Horbach und Heerlen eingerichtet. Diese erste Aachener Buslinie musste allerdings mit Kriegsausbruch im August 1914 bereits wieder eingestellt werden.
Die AKG übernahm ab 1. Januar 1916 auch offiziell den Betrieb des 23 Kilometer umfassenden REKA-Netzes. Die Aktien der jüngeren Gesellschaft befanden sich schon seit 1907 mehrheitlich im Besitz der Aachener Kleinbahn-Gesellschaft, die Linien wurden zudem in das Nummernschema der AKG integriert. Die offizielle Fusion beider Gesellschaften fand aber erst am 1. Januar 1942 statt.
Erster Weltkrieg[]
1914 plante die AKG wieder Erweiterungen ihres Netzes. Bereits 1912 war zwischen der AEG und der niederländischen Regierung der Bau einer Bahnstrecke von Vaals nach Maastricht vertraglich vereinbart worden. Die Strecke sollte zweigleisig und auf eigenem Bahnkörper errichtet werden, auch die bestehende Strecke nach Vaals sollte zweigleisig werden. Baumaterial war bereits angeliefert worden, als der Erste Weltkrieg alle Planungen beendete. Der Krieg beendete auch alle Planungen für die folgenden Strecken:
- Hoengen – Aldenhoven – Jülich
- Aachen – Würselen – Bardenberg – Alsdorf
- Merkstein – Nordstern – Alsdorf
- Herbesthal – Lontzen
- Forst – Hitfeld
Der Betrieb wurde ab August 1914 zunächst durch den Aufmarsch der nach Belgien einmarschierenden deutschen Truppen behindert. Hinzu kam die Einberufung großer Teile des Personals, über 60 % des Personals wurde eingezogen. Frauen füllten die Lücken, zunächst als Schaffnerinnen, ab 1916 auch als Fahrerinnen. Im Stadtnetz wurden ab 1915 vielfach Haltestellen aufgehoben und Verstärkungslinien eingestellt. Dafür nahmen die Fahrgastzahlen spürbar zu, 1917 lagen sie um 50 % höher als 1914.[9] Zur Verstärkung erhielt die AKG 23 beschlagnahmte Triebwagen aus Belgien und Frankreich zugewiesen.
Der Güterverkehr wurde dagegen erheblich ausgeweitet. War der Verkehr bislang weitgehend auf Kohlen, Sand und Steine beschränkt, so wurden bald auch Mehl, Kartoffeln und alle Arten von Stückgut transportiert. Zusätzliche Staatsbahnanschlüsse wurden in Walheim und Eupen gebaut, auch Zahl der Firmenanschlüsse nahm deutlich zu. 1918 wurde zudem am Aachener Westbahnhof eine Industriebahn errichtet, auf der die AKG mit Rollwagen normalspurige Güterwagen an die dortigen Industriebetriebe zustellte. Wurden 1914 noch knapp 67.000 Tonnen Güter befördert, waren es 1918 bereits über 144.000 Tonnen.
Ab 1916 mussten die kupfernen Fahrleitungen durch Eisen ersetzt werden. Da dies nicht ausreichte, um die geforderten Kupferquoten zu erfüllen, wurden ab Mai 1916 schwächer nachgefragte Nebenstrecken eingestellt, zunächst aufgrund der Demontage der Fahrleitung:
- Mariadorf–Hoengen
- Eschweiler–Dürwiß
- Herzogenrath–Merkstein
- Richterich–Horbach
- Siegel–Bismarckturm
- Kohlscheid–Kohlscheid Markt
- Kornelimünster–Breinig
- Raeren–Sief
- Ronheide–Eberburgweg
Bei den letzten fünf Strecken wurde zudem auch der Gleiskörper entfernt. Mit Ausnahme der Strecken Raeren – Sief, Ronheide – Eberburgweg und der Kohlscheider Ortslinie wurden alle stillgelegten Strecken nach dem Krieg schrittweise wieder in Betrieb genommen, als letzte 1933 die Strecke zum Bismarckturm.
Nach dem ersten Weltkrieg[]
Als 1918 ein Waffenstillstand vereinbart wurde, konnte der Straßenbahnverkehr nicht mehr gewährleistet werden, zudem besetzten belgische Truppen das Kreisgebiet und schränkten das zivile Leben stark ein. Ab Januar 1919 konnte wieder ein regelmäßiger Verkehr stattfinden. Am 13. Januar 1920 wurden bedingt durch den Versailler Vertrag Gebiete abgetreten und dies hatte zur Folge, dass Bahnstrecken im Kreis Eupen nun auf belgischem Gebiet lagen. Zwei Jahre später wurden die in Belgien liegende Strecken von der 1884 gegründete Société nationale des chemines de fer vicinaux (kurz: SNCV) übernommen. Die Überlandstrecke nach Kelmis hingegen verblieb bei der AKG. Die 1929 ausbrechende Weltwirtschaftskrise ging auch bei der AKG und der REKA nicht spurlos hinüber und so wurden Einschränkungen vorgenommen, 1933 das Liniennetz grundlegend geändert.
Zweiter Weltkrieg[]
Der zweite Weltkrieg hinterließ ebenfalls deutliche Spuren und schränkte den Straßenbahnverkehr ebenfalls ein. Ab 1939 begann man damit, das Personal durch Frauen und Kriegsgefangene aufzustocken, es wurden allerdings grenzüberschreitende Strecken sowie im Grenzgebiet liegende Strecken stillgelegt. Im Juli 1941 gab es britische Luftangriffe über den Großraum Aachen, die Strecken und Inventar der Straßenbahnbetriebe zerstörten. Im Juli 1942 fusionierten AKG und REKA zu einen einzigen Verkehrsbetrieb und wurden fortan als Aachener Straßenbahn- und Energieversorgungs-Aktiengesellschaft (kurz: ASEAG) geführt. Das Wagennummernsystem wurde umgeändert. Mitte Juli 1943 wurde die damalige Hauptverwaltung in der Scheibenstraße durch einen schwere Luftangriff so stark beschädigt, dass man das Depot im belgischen Eynatten als provisorische Verwaltung benutzte. Kurz vor Ende des zweiten Weltkrieges mussten Strecken eingestellt werden und ersatzweise Busse von umliegenden Städten eingesetzt werden. Allerdings war die ASEAG gezwungen, den Betrieb bis auf weiteres einzustellen.
Nach dem zweiten Weltkrieg[]
Seit Beginn der 1950er konnte man wieder einen Straßenbahnbetrieb aufleben lassen, bedingt durch den immer größer werdenden Busverkehr mussten im Aachener Straßenbahnnetz erneut Einschnitte unternommen werden. In Folge dessen wurden viele Straßenbahnlinien auf Busverkehr umgestellt. Dadurch begrenzte sich das einst weitläufig ausgebaute Straßenbahnnetz wieder auf die Stadt Aachen sowie wenige benachbarte Gemeinden. Allerdings wurde der grenzüberschreitende Verkehr nach Vaals wieder aufgenommen, wurde aber darauf begrenzt, dass an der Landesgrenze bereits Endstation war und Anschluß an der Überlandstraßenbahn der Limburgsche Tramweg Maatschappij (LTM) nach Maastricht bestand. In den frühen 1950er wurde die Dampflokomotive zwischen Vaals und Maastricht durch Busverkehr ersetzt und die Linie 15 verblieb die einzige Straßenbahnstrecke, die Vaals mit Aachen und der ehemals eigenständigen Gemeinde Brand verband. In den 1960er wurde mehrere Straßenbahnstrecken stillgelegt, sodass in den 1970er nur noch drei Straßenbahnlinien verkehrten. Die Linie 15, die zuletzt verbliebene Straßenbahnlinie, wurde am 29. September 1974 eingestellt und somit die Straßenbahnära im Großraum Aachen für immer beendet. Lediglich in den 1990er gab es Pläne zum Bau einer Stadtbahn in Aachen. Diese Pläne wurden allerdings indefinit verworfen.
Campusbahn[]
Seit 2009 wird die Einführung einer Stadtbahn als Campusbahn zur Erschließung der RWTH Neubaugebiete und zur Entlastung des Busverkehrs untersucht. 2012 wurde die Einführung beschlossen. Eine Fertigstellung der ersten Linien ist für 2018 geplant.
Betriebshöfe[]
Im Laufe ihrer Geschichte besaß die Aachener Straßenbahn insgesamt zwölf Betriebshöfe für die Straßenbahn. Als zentraler Betriebshof fungierten dabei stets die benachbarten Depots an der Scheibenstraße und der Talstraße östlich des Kaiserplatzes, die mit Gleisen über Steinkaul-, Scheiben- und Peliserkerstraße vom Adalbertsteinweg und der Jülicher Straße erreicht werden konnten. Dort befand sich auch die ASEAG-Verwaltung. Nach Stilllegung der Straßenbahn zog der Busbetrieb in den neuen Zentralbetriebshof in Aachen-Hüls, wo sich inzwischen auch die Verwaltung des Unternehmens befindet.
Betriebshof | Eröffnung | Schließung | Zahl der Gleise | Anmerkungen |
---|---|---|---|---|
Aachen Scheibenstraße/Oberstraße | 1880 | 1974 | 22 | Zweistöckig, mit Hauptwerkstatt |
Aachen Jülicher Straße | 1880 | 1895 | ? | Nur Pferdebahn |
Stolberg Rhein. Bf. | 1881 | 1897 | ? | Nur Pferdebahn |
Eschweiler Pumpe | 1897 | 1969 | 12 | mit Weichenwerkstatt |
Eschweiler Dreieck | 1898 | 1938 | 2 | |
Hamich | 1898 | 1934 | 3 | Nur Güter- und Arbeitswagen |
Mariadorf Dreieck | 1898 | 1955 | 5 | |
Kohlscheid | 1902 | 1960 | 10 | REKA-Depot |
Eynatten | 1906 | 1944 | 8 | |
Brand | 1906 | 1967 | 6 | |
Aachen Talstraße | 1925 | 1974 | 9 | |
Eupen | 1933 | 1956 | 5 | SNCV-Depot, von 1940 bis 1944 zu AKG/ASEAG |